Sonntag, 9. Juni 2013

"Ein unsittliches Angebot" von Cecilia Grant

Erben mit unsittlichen Mitteln.

 Martha Russells Ehemann ist gerade einmal eine Woche unter der Erde, da sucht sie sich bereits einen neuen Mann für ihr Bett. Doch die 21-Jährige hat dafür durchaus triftige Gründe, denn es muss ein Erbe her. Schließlich soll der Besitz ihres verstorbenen Gatten nicht an seinen grausamen Bruder fallen. So macht sie kurzerhand dem Londoner Lebemann Theophilus Mirkwood ein unmoralisches Angebot. Er soll sie innerhalb eines Monats schwängern und das für 500 Pfund...

Die Handlung allein hat mich dazu getrieben dieses Buch zu kaufen, denn die hat es schon mächtig in sich und ist eine verlockende Abwechselung in diesem Genre.
Wie Cecilia Grant die Geschichte erzählt, ist anders und wird auch nicht jeder Freundin des Historicals gefallen. Die Protagonistin ist keine naive und überschwängliche Gutsherrin, sondern eine sehr ernste, nüchterne und praktisch veranlagte Witwe, die ihren Körper uneigennützig hergibt um ihre weiblichen Angestellten vor den Übergriffen des potenziellen Erben zu bewahren. In ihrer 10-monatigen Ehe litt sie unter dem Alkoholismus ihres Mannes und seinen eher ernüchternden Darbietungen im Ehebett.
Das Bild, welches die Autorin hier zeichnet, ist näher an der Realität als bei anderen Autorinnen. Sex war eben für die meisten Frauen kein Vergnügen, sondern ein nötiges Übel um die Familie zu erweitern und eben Erben für den Besitz hervorzubringen. Ein recht amüsantes und verstörendes Beispiel dafür sind die Synonyme und Beschreibungen, welche Martha für Theos bestes Stück gebraucht.
So gestalten sich auch die Stelldicheins mit Theo als schlichtes, schnelles Rein und Raus. Dieser muss sich mit seiner Rolle als reiner Samenspender erst noch anfreunden und schafft es nur mit seinem Auftreten außerhalb des Schlafzimmers langsam das Herz der Witwe zu gewinnen.
Dieser ganze Prozess nimmt viel Zeit und Buchseiten in Anspruch. Die Nebenhandlung gestaltet sich darin, dass Mirkwood und Martha gemeinsam das Leben ihrer Pächter reformieren wollen und eine Molkerei aufbauen, um die Länderein gewinnbringend zu nutzen. Dies ist jedoch wenig spektakulär und eher seitenfüllend, wobei die dort erkennbaren Ansichten ein guter Spiegel der Zeit sind.

Leider fehlte mir das gewisse Quäntchen Emotionalität, welches ich brauche, um Mitgerissen zu werden. Die Thematik ist wirklich großartig und fernab vom Kitsch, doch hätte ich mir gewünscht, dass mich Theo und Martha mehr berühren könnten. Mit den beiden wird wohl nicht jede warm werden, doch ich finde es toll, dass Martha so fernab von allen Klischees ist.

Was mir gerade nach beenden der Geschichte fehlte, ist ein Epilog, eingeleitet mit "9 Monate später". Ich hoffe daher, dass wir im nächsten Teil, Das Versprechen der Kurtisane, welcher Marthas Bruder dem Soldaten William gewidmet sein wird, noch erfahren werden wie es mit dem Pärchen weiterging.

Was mich total verwirrt, ist, dass der Protagonist hier in der Produktbeschreibung, im Klappentext und auf der Buchrückseite als "Christopher Mirkwood" betitelt wird. Dabei kann man schnell feststellen, dass dies nicht sein Name ist sondern Theophilus, kurz Theo. Ich frage mich, wie solche blöden und ärgerlichen Fehler passieren können.

Cecilia Grant legte mit "ein unsittliches Angebot" ein spannendes Debüt hin, welches ein Grenzgänger des Genres ist. Es zeigt realistisch das Leben der Frauen des frühen 19. Jahrhunderts und das der ärmeren Landarbeiter. Eine unglaubliche Geschichte, die ihre Schwächen besitzt, aber hoffentlich der Autorin die Kraft ließ sich mit ihrem nächsten Roman zu steigern.

Wertung 4/5

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