Wren und ihre Zwillingsschwester leben in einem kargen Reich, in dem ewiger Winter herrscht. Von dort können sie nicht entfliehen, denn ein Schattenwall schützt sie vor monströsen Dunkelgängern, die es auf alles und jeden abgesehen haben. Alle paar Jahrzehnte erscheint Boreas, der Nordwind, um sich eine Frau zu nehmen, die mit ihm in sein Reich kehrt, um die Dunkelgänger zu besänftigen. Dieses Mal hat er Wrens Schwester auserwählt, doch Wren tut alles, um ihren Zwilling zu beschützen, selbst wenn das heißt, sich selbst in Gefahr zu bringen.
Das Buch ist direkt auf meine Wunschliste gewandert als es angekündigt wurde. Ich fand es klang so großartig und war daher voller Vorfreude auf den Titel. Als dann die Specialedition der Bücherbüchse angekündigt wurde, bestellte ich mir das Buch als Hardcover in der Februarausgabe der Buchbox und war ganz gespannt wie es aussehen würde. Normalerweise liefert die Bücherbüchse mit ihren Specialeditions immer ab, hier finde ich Cover und Farbschnitt der Verlagsausgabe tatsächlich schöner. Das Design des Buches wirkt altmodisch, als hätte man vor 10 Jahren das Design erarbeitet. Eigentlich schade.
Doch der Inhalt sollte im Fokus stehen, der Look ist da ja nur die schmückende Nebensache. Der Start in die Geschichte ist recht trist und düster. Wren lebt wie alle in ihrem Dorf am absoluten Existenzminimum, da der beständige Winter kein Wachstum zulässt. Über die bevorstehende Wahl des Frostkönigs sind alle verängstigt, denn niemand weiß, was mit den Frauen passiert. So ist auch Wren voller Angst, doch diese verleitet sie zu unüberlegten Dingen, so gibt sie sich als ihre Schwester aus und geht mit dem Frostkönig in sein reich.
Ich muss sagen, dass ich Wren als eine sehr ungewöhnliche und ungestüme Protagonistin wahrnahm und das gefiel mir zu großen Teilen wirklich gut. Sie ist mutig, denn viel hat sie nicht zu verlieren, ihr ist es egal was alle von ihr halten, sie hat ein Alkoholproblem und eine Vorliebe für erotische Literatur. Alles in Allem ziemlich ungewöhnlich für eine Heldin des Genres. Zum Ende hin entwickelt sie sich eher zurück zu einer typischen Protagonistin des Genres und das fand ich ein wenig Schade.
Das Setting und den Weltenentwurf fand ich eigentlich wirklich gut, es ist düster, kalt und atmosphärisch, überall lauern Gefahren. Doch mir blieb vieles zu unerklärt. Warum gibt es Dunkelgänger und warum waren sie am Ende so schnell doch kein Problem mehr. Warum gibt es dort so viele Götter (Boreas ist als Nordwind auch einer) sie leben sogar in einer eigenen Stadt, doch bei dieser Fülle ist das irgendwie auch nichts Besonderes mehr. Alle Problematiken lösten sich am Ende in Luft auf und das war nach 540 Seiten dann doch eher frustrierend als eine zufriedenstellende Auflösung.
Apropos frustrierend: Slow Burn sollte eine der Tropes sein, mit der die Geschichte beworben wird. Und so slow hat wirklich selten etwas in einem Buch gebrannt. Nach einem wirklich kritischen und toxischen Start zwischen beiden, bei dem sich Wren auch schon mal im Kerker wiederfand, haben Boreas und sie seltene, kurze Momente des Annäherns, die mich aufhorchen ließen, allerdings dauerten diese nicht an, denn einer von beiden riss sofort immer wieder alles ein. 2 Schritte vor und 15 zurück. Das war wirklich nervig und so zog es sich bis Seite 400 dahin. Ab dann konnte mich die Liebesgeschichte dann doch endlich abholen und es wird stellenweise sehr explizit, was das unschuldige und romantisierte, jugendbuchartige Äußere der Geschichte nicht vermuten ließe.
Auch die Handlung entwickelt sich endlich weiter, wenn auch, wie schon erwähnt, sich sämtliche Schwierigkeiten in Luft auflösten.
Die Geschichte ist in sich abgeschlossen, dennoch wird es drei weitere Bände zum West-, Süd- und Ostwind geben. Ersteren haben wir bereits kennengelernt und nicht gerade von seiner besten Seite. Ich bin daher schon neugierig, wie seine Geschichte ausfallen könnte, allerdings hat mich „The North Wind“ von Alexandra Warwick nicht wirklich begeistern können. Selbst wenn ich keine hohen Erwartungen gehabt hätte, wäre die Enttäuschung dagewesen.
3/5