Rune führt ein gefährliches Doppelleben. Sie ist eine Hexe und diese werden von der gefürchteten Blutwache der Republik gejagt und hingerichtet. Tagsüber gibt sie sich als angesehenes Mitglied der höheren Gesellschaft aus und des nachts befreit sie als der rote Nachtfalter inhaftierte Hexen. Wenn jemand ihr Geheimnis erfährt, würde das ihren Tod bedeuten. Um eine wichtige Hexe zu befreien, muss sich Rune an den berüchtigten Hexenjäger Gideon Sharp heranschmeißen. Rune ahnt jedoch nicht, dass er ihr längst auf der Spur ist…
Ich wusste bei diesem Titel nicht wirklich, was mich erwarten würde. Der Klappentext klang ganz gut, allerdings bestand auch die große Gefahr, dass bei dieser Konstellation einiges schief laufen konnte und so ging ich eher verhalten an das Hörbuch heran. Nur um dann mit einem Rutsch schon die ersten 40% zu hören…
Was soll ich sagen, die Geschichte hat mich recht schnell gefesselt, nachdem ich begann mir alle Namen und deren Rolle im Buch aufzuschreiben. Das hilft mir bei Hörbüchern immer immens weiter, um nicht den Faden zu verlieren. So war ich direkt drin und die Geschichte entfaltete ihre Sogwirkung. Sie wird aus der Perspektive von Gideon und Rune gleichermaßen erzählt, was ich sehr gelungen fand, da wir so mehr in die Ermittlungen um den roten Nachtfalter involviert waren. Wir kennen also Gideons Schritte und verfolgen, ob Rune ihm in die Falle geht oder nicht.
Beim Hören fand ich den Namen unserer Protagonistin „Rune“ immer wieder irritierend, weil ich schon so viele Geschichten gelesen oder gehört habe, in denen Rune ein rein männlicher Vorname war. Und so habe ich auch hier ganz oft sofort an den Protagonisten und nicht an unsere Protagonistin gedacht. Das soll aber nichts weiter zur Sache tun. Rune gibt sich tagsüber als naives Dummchen aus. Das ist ihre Tarnung. Dabei ist Rune verdammt clever, mutig und gut. Sie ist keine „böse Hexe“ für die all die anderen gejagt werden. Es gibt zwar auch üble Hexen, die die Macht an sich reißen wollen. Doch Rune gehört nicht dazu. Sie hat einen sehr alternativen Weg gefunden, um Blutmagie zu praktizieren. Das war schon speziell und sehr praktisch veranlagt. 😉 Ich mochte sie und konnten ihren aufkommenden Zwiespalt gerade in Bezug auf Gideon immer nachvollziehen.
Gideon hat wegen der Hexen fast seine gesamte Familie verloren. Sein Feldzug gegen sie ist also sehr persönlich. Der rote Nachtfalter scheint ihm immer einen Schritt voraus zu sein. Er bändelt mit Rune an, die er für ein Dummchen aus gutem Hause hält, weil er glaubt, dass sie ihm zum roten Nachtfalter führen kann. Aufgrund von Gideons Geschichte kann man seinen Feldzug total verstehen. Ich fand die Beziehung zwischen Rune und Gideon total interessant, weil sie von beiden Seiten forciert war und nicht aus ehrlichen Gründen entstand. Was daraus entstand, fühlte sich trotzdem echt an. Das hat mich wirklich gepackt.
Was für mich ein Highlight der Geschichte war, war das ganze Worldbuilding. Wir sind in einer Welt, in der es Monarchie gibt und Hexen, es gibt Krankenhäuser und Duschen, Frauen dürfen an die Universität gehen, gleichzeitig sind die einzigen Fortbewegungsmittel Pferde und Boote. Wir stecken also irgendwie in einer verbesserten Version der Vergangenheit, in der es hygienische Errungenschaft gibt und Frauen nicht von Männern unterdrückt werden. Das hat mir richtig gut gefallen und auch das Setting mit herrschaftlichen Häusern und Opern konnte mich total in seinen Bann ziehen.
Zum Ende hin wurde es für mich ein wenig vorhersehbar. Der große überraschende Knall blieb also aus, doch das sollte den Gesamteindruck nicht trüben. Ich freue mich auf Band zwei, auf den ich allerdings noch bis November warten muss. ☹
Bis dahin kann ich „Heartless Hunter. Der rote Nachtfalter“ von Kristen Ciccarelli absolut weiterempfehlen. Was für eine packende Geschichte!
5/5