Darejan aus dem Volk der Korun ist die Schwester der Königin und besitzt so einige Privilegien. So lernt sie einen Fremden aus einem weit entfernten Reich kennen und lieben. Als sie eines Tages feststellt, dass etwas mit ihrer Schwester nicht stimmt, ist alles bereits zu spät und Darejan verliert ihre Erinnerung und Liebe...
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Vorab, ich bin ein großer Fan der Autorin und habe jeden
ihrer Romane mit Freude gelesen, doch "Seelenkuss" ist seit langem
eines der schlechtesten Bücher, welches ich lesen musste. Das zu schreiben, tut
mir wirklich in der Seele weh. Doch woran liegt es?
Erst einmal war der Einstieg in die Handlung schon
unglücklich gewählt wurden. Einige Kapitel werden aus der Sicht Refens erzählt,
sodass ich urtümlich davon ausging, dass er der Protagonist neben Darejan sein
würde. Refen besaß auch die typischen Eigenschaften eines klassischen
Lynn-Raven-Helden. Meine Sympathien hatte er also, doch verschwand er schon
wieder nach den ersten 100 Seiten, nur um erst in den letzten 10 (!) Seiten
wieder ausgekramt zu werden.
Darejan an sich war okay - eine Umschreibung, die ich bei
Charakteren sonst nie wählen würde, aber mir fallen zu ihr keine prägnanten
Eigenschaften ein. Der eigentliche Held der Geschichte, dessen Name erst sehr
spät genannt werden durfte, hat die Rolle des Schwachsinnigen auferlegt
bekommen. So sieht Darejan ihn zumindest und redet die meiste Zeit über sehr
abfällig von ihm. Der Verrückte, Dunanor, Jarhal... die Liste ist lang. Die
Liste seiner Charakterzüge hingegen nicht.
In dieser Hinsicht nehmen sich Darejan und ihr Auserwählter
nicht viel. Gerade weil ich von der Autorin etwas anderes gewöhnt bin - sprich
vielschichtige Persönlichkeiten, gerne mit Badboyeinschlag, und gütige Frauen,
zwischen den die Funken nur so explodieren - war die Enttäuschung unglaublich
herb.
Was die Charaktere verbockt haben, konnte auch die Handlung
nicht herausreißen. Von vornherein existiert für mich das Problem, dass beide
Protagonisten unter einer magischen Amnesie stehen und ich erst gar nicht
wusste, wohin die Reise uns führt, aber auch woher der Wind wehte. Ich hätte mir
so sehr gewünscht, dass wir die Kennenlerngeschichte der beiden live miterleben
und nicht in kurzen Traumsequenzen erst am Ende erfahren. Dafür hätte sich die
Autorin die elendig lange Reise und Flucht übers Meer, durch Wälder, Wüsten,
Ebenen, Städte oder Gebirge sparen können. Es wollte einfach nicht enden und
die ganzen Katastrophen, Gegner und Kreaturen, die die Wege kreuzten, waren
lästig und seitenfüllend, wie schon lang nicht mehr!
Ein wenig entsetzt war ich über die Kaltschnäuzigkeit der
Protagonistin, welche am abrupten Ende, das ich mir nach der fast 600-seitigen
Langeweile herbeisehnte, über zwei Menschenleben mal eben so entschied.
Außergewöhnlich viele sinnlose und grausame Tode sind in "Seelenkuss"
zu beklagen, welche für so junge Fantasy eigentlich nicht tragbar ist. Ich
schätze "Game of Thrones" hat der Autorin als Inspiration gedient,
wenn sie auch nur ansatzweise diese Spannung hätte übertragen können, wäre das
Buch ein Reißer geworden.
Der Grund für meine selten vergebene Niedrigstwertung ist
der Schreibstil, wenn dieser mir nicht zusagt, ist schon das halbe Buch dem
Untergang geweiht.
Eigentlich liebe ich Lynn Ravens Art zu schreiben, die
Gefühle, die sie damit unvergleichlich transportieren kann oder Situationen
entstehen lässt. Doch hier hat sie eindeutig übertrieben! Ich als Leserin
brauche einfach keine drei unterschiedlichen Begriffe für ein und das Selbe
Gebiet oder Volk. Und warum, muss ein
seltsames fabelartiges Reittier mit exotischem Namen her, wenn es auch ein
Pferd tun würde. Schon klar, dies ist nun mal Highfantasyliteratur, doch muss
ich mir darunter doch auch etwas Vorstellen können, damit das ganze Konzept
funktioniert. Das ging nur hier eben nicht, weil die Reittiere, deren
komplizierter Namen mir entfiel, des Reitervolks, dessen komplizierter Name mir
auch entfiel, einfach nicht beschrieben wurden. Diese Dinge häuften sich
einfach, es wurden fantasievolle Worte eingeworfen, deren Bedeutung nicht
erklärt wurde oder ich mir irgendwie herleiten konnte. Das macht für mich in
etwa so viel Sinn, wie das Lesen von „Krieg und Frieden“, bei dem man jedoch
10% der Worte aus dem Russischen unübersetzt ließ…
Mir fällt beim besten Willen kein positiver Aspekt des
Buches ein. Traurig aber wahr. Ein Indiz dafür ist, dass ich „Seelenkuss“
sechs Wochen neben meinem Bett liegen hatte, parallel ein anderes Buch beendete
und eigentlich nur lustlos zu diesem Roman griff. Zum Vergleich: Ich habe „Blutbraut“
mit 150 Seiten mehr an einem einzigen Wochenende durchgelesen.
Wenn der nächste Roman von Lynn Raven ansteht, warte ich
erst einmal ein paar Kritiken ab, bevor ich wieder blind zu schlage. So eine
Quälerei will ich kein zweites Mal erleben.
Wertung: 1/5
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