Seit ein paar Wochen geistert der Auftakt der Chronik der Verbliebenen durch das Netz. Klar, dass auch ich nicht an diesem wundervollen Cover mit dem vielversprechenden Inhalt vorbeikommen würde. Doch hält es, was all die Lobgesänge versprachen?
Es ist Prinzessin Lias Hochzeitstag. Doch Lia ist keine gewöhnliche Braut, denn sie hat ihren Bräutigam noch nie gesehen. Berechtigterweise streubt sie sich gegen ihr Schicksal und flüchtet zusammen mit ihrer Zofe Pauline aus dem Palast ihrer Eltern. Im entfernten Terravin verdient sie schließlich ihr Zubrot als Aushilfe in einer Schenke als eines Tages zwei junge Männer die Wirtschaft betreten. Einer ist der verschmähte Prinz, der andere ein Attentäter, gekommen um Lia zu töten. Doch wer ist es und wird Lia die Wahrheit erkennen?
Zugegebenermaßen hatte ich ein paar Schwierigkeiten in die Geschichte hineinzufinden. Die Autorin nimmt sich gerade zu Beginn sehr viel Zeit für Lias Situation und ihre Flucht, dabei konnte ich es nicht erwarten endlich die beiden Herren kennenzulernen. Als dies geschah, begann ich für die Geschichte zu brennen, doch ein paar Längen verpassten mir immer wieder einen Dämpfer.
Viele haben geschrieben, dass das Rätseln um die Identität der männlichen Protagonisten sehr spannend ist, da die Autorin einige Fallen auslegt. Ich hatte meinen Tipp, wer ist der Prinz, wer der Attentäter von Anfang an festgesetzt. Was soll ich sagen Mary E. Pearson hat mich aufs Kreuz gehauen. Die Auflösung erschien mir allerdings sehr willkürlich. Sie präsentiert keinen Anhaltspunkt, an dem ich die Wahrheit hätte erkennen können. Das fand ich aber nicht weiter tragisch. Schade finde ich, dass Lia und die beiden Protagonisten nicht so viel Zeit zu Beginn miteinander verbringen, sodass keine überzeugenden Gefühle entstanden. Lia hat zwar eine Tendenz, aber die andere Richtung hätte ich spannender gefunden, ganz einfach weil mir dieser Charakter mehr liegt.
Sorry, es ist alles so wage heute, aber gerade bei diesem Roman ist es so wichtig nicht zu spoilern.
Nach den ersten zwei Dritteln des Buches hatte ich keine Ahnung, wie ich es bewerten sollte. Dann passiert eine Wendung, die ich sehr gelungen fand. Es passieren dramatische Ereignisse. Die Identität der Herren wird gelüftet und Lia muss die meiste Zeit mit einem von ihnen unterwegs sein. Ab diesem Punkt hatte mich die Autorin gepackt. Lia entwickelt sich weiter. Sie war nie die typische Prinzessin, aber nun scheint sie ihre Bestimmung zu erkennen und wird zu einer toughen jungen Frau. Das hat mir richtig gut gefallen und ich habe mir nur umso mehr gewünscht, dass ihre Männerwahl eine andere gewesen wäre. Ich bin gespannt, wie es nach dem offenen Ende weitergeht und möchte am liebsten sofort weiterlesen. Zum Glück erscheint Teil zwei schon in diesem Monat.
Positiv hervorheben möchte ich noch das Setting. Ich liebe Highfantasy, die in einer vergangenen Zeit zu spielen scheint. Atmosphärisch hat mich die Welt an Game of Thrones erinnert. Sie ist grausam, hat aber zum Glück Platz für schöne Momente. Das hatte in meinem Kopf ein beeindruckendes Kopfkino ausgelöst.
"Der Kuss der Lüge" ist ein beeindruckender junger Fantasyroman, der in eine atmosphärische Welt einlädt. Mir gefielen die Protagonisten sehr, auch wenn ich mir für ihre Verbindung zueinander mehr Entfaltungsraum gewünscht hätte. Wer Teil eins mochte, kommt am zweiten nicht mehr vorbei.
4/5
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