Es ist kein Geheimnis, dass "Die vierte Braut" von Julianna Grohe im letzten Jahr eines meiner absoluten Highlights war. Was habe ich die romantische und märchenhafte Geschichte doch geliebt! Ich freute mich riesig, als sich endlich Nachschub von der Autorin ankündigte und hoffte auf ein erneutes Lesevergnügen.
Ella ist nach dem Tod ihrer Großeltern quasi obdachlos. Sie haust in einer verlassenen Ruine und versucht irgendwie die Zeit bis zum Schulabschluss zu überleben. Eines Tages lauert ihr ein geheimnisvoller Fremder auf und verschleppt sie auf sein Anwesen. Zu niederen Arbeiten gezwungen, muss Ella mitansehen, wie ihr Peiniger wunderschöne Frauen in sein Haus bringt und diese nach und nach in den Wahnsinn treibt.
Lange vorm Erscheinen war bekannt, dass "Räuberherz" eine Adaption von die "Schöne und das Biest" sein würde. Vergleiche mit dem Disney-Klassiker wären allerdings ziemlich weit hergeholt. Vielmehr erinnerte mich die Verbindung der beiden Protagonisten an viele andere romantische Titel der Gegenwartsliteratur.
Die Handlung spielt in der heutigen Zeit, was es für mich nicht gebraucht hätte. Das Setting des alten Anwesens versprüht einen vergangenen Charme, in dem sich auch die Zeit der Handlung perfekt hätte eingliedern können. Was ich damit sagen möchte: Die Geschichte hätte auch super vor 200 Jahren funktioniert und hätte mir somit mehr gelegen.
Als ich das Buch zur Hand nahm hatte ich meine Probleme mit Ella. Was mir nicht gefiel, war die Tatsache, dass sie zu Beginn der Geschichte 16 ist. Das merkt man ihr auch sehr an. Ella ist aufbrausend, unreif, ein wenig nervig und trifft unkluge Entscheidungen. Ich konnte ihre Reaktion nach der Entführung nicht immer nachvollziehen. Zunächst reizt sie ihren Entführer bis aufs Blut, um auf den nächsten Seiten sich mit ihrer neuen Rolle zu arrangieren und freiwillig den Hausputz des Anwesens zu übernehmen. Überhaupt erzählte ein Großteil der ersten Buchhälfte von einer putzenden Ella. Da hatte ich mir viel mehr gewünscht. Gegen Ende nimmt sie zum Glück eine Wendung zur sympathischeren Figur, die ich sehr mochte.
Viel schwerer tat ich mich mit Crys, unserem Protagonisten. Er entführte Ella, um sich die Kosten für eine Haushaltshilfe zu sparen, beleidigt sie aufs schlimmste und das mehrfach und wird sogar handgreiflich. Außerdem redet er sie ständig mit einem falschen Namen an. Nee, irgendwie fand ich ihn jetzt nicht so toll... Doch auch er nahm zum Glück eine Wende zum Guten.
Schwierig war die Verbindung zwischen beiden, denn Ella verknallt sich natürlich sehr schnell in die unausstehliche Variante des Protagonisten und keiner konnte irgendwie nachvollziehen warum. Ich finde ihre Beziehung auch problematisch, wenn sich ein sexuell ziemlich aktiver Mittzwanziger an eine naive und unerfahrene 16-Jährige heranschmeißt. Bei mir wollten sehr lange keine positiven Gefühle zu den Protagonisten aufkommen.
Doch schließlich hat Julianna Grohe es doch wieder geschafft, mich mit ihrem "Räuberherz" abzuholen. Zum Ende wurde es noch richtig spannend und ich fieberte mit Crys und Ella mit. Aus den Anfangsschwierigkeiten wurde schließlich doch noch eine runde Sache, die mich gut unterhielt. Daher war das gerade viel Gemecker um ein eigentlich gutes Buch.
Wer wie ich "Die vierte Braut" liebte und "Räuberherz" daher als ein Must Read ansieht, wird sicher ein wenig enttäuscht werden. Denn ersteres spielt in einer ganz anderen Liga. Die Geschichte und ihre Figuren waren einfach perfekt, während Ella und Crys nicht immer glänzen konnten. Dennoch ist "Räuberherz" immer ein Versuch wert.
4/5
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