Mittwoch, 4. April 2018

Langatmig | Tulpengold von Eva Völler

Ich mag Eva Völlers Bücher gerade für ihren historischen Einschlag. So lief sie bei mir mit ihrer Zeitenzauber-Reihe offene Türen ein. Als ich ihren neuen historischen Roman entdeckte, (sie veröffentlichte bereits mehrere unter einen Pseudonym) war ich direkt Feuer und Flamme für diese ganz besondere Geschichte. Leider wurde sie meinen hohen Erwartungen nicht gerecht. Warum, erfahrt ihr hier...


Pieter wird die große Ehre zuteil eine Lehre beim Meistermaler Rembrandt einzugehen. Dies war der größte Wunsch seines verstorbenen Vaters. Doch Pieter ist kein klassischer Lehrling, denn Pieter ist ein mathematisches Genie mit sozialen Eigenheiten. Als in Rembrandts Umfeld Menschen ermordet werden, spitzt sich die Situation für den Maler zu. Doch Pieter scheint ein System hinter den Toten und dem aktuellen spekulativen Handel mit Tulpenzwiebeln zu erkennen.

Das Cover ist für mich definitiv ein Highlight. Es ist wunderschön und passt perfekt in den Frühling. Die Geschichte an sich spielt allerdings im Winter. Ganz Amsterdam ist dem Handel mit Tulpen verfallen. Für die kleinen Zwiebeln werden immer höhere Preise aufgerufen und die Leute hoffen auf riesige Gewinne. Auch Rembrandt spekuliert mit und hat dabei nicht das größte Glück. Überhaupt herscht bei dem Maler und seiner Frau ein starker Auftragsmangel. Seine Kunden werden ermordet und alle Spuren führen zu ihm. Pieter scheint das allerdings durchschaut zu haben...

Die Autorin schreibt in ihrem Nachwort, dass man heutzutage bei Pieter wohl das Asperger Syndrom festgestellt hätte. Für mich trifft diese Behauptung nur bedingt zu. Pieter hat starke Begabungen in der Mathematik und Malerei. Außerdem besitzt er ein ausgezeichnetes Gedächtnis und hat Schwierigkeiten Ironie und Sarkasmus zu erkennen. Er nimmt jeden beim Wort. Aber ansonsten besitzt er keine zwischenmenschlichen Probleme. Ganz im Gegenteil, er scheut nicht vor Nähe und ist sogar ziemlich brustfixiert. Mich sprach die Idee eines autistischen Protagonisten in einem historischen Roman an. Sie war ausschlaggebend dafür, dass das Buch bei mir einziehen sollte. Doch leider hat die Autorin ihren Protagonisten nicht konsequent genug umgesetzt.

Mich fasziniert Kunstgeschichtliches. Bilder und deren Maler in historische Ereignisse und Lebenswelten einzugliedern, finde ich wahnsinnig interessant. Ich las vor einiger Zeit ein sehr gutes Buch zu Jan Vermeer ("Das Mädchen mit dem Perlenohrring"). Rembrandt war ein Zeitgenosse und Konkurent. Daher freute ich mich drauf, wieder in diese Zeit eintauchen zu können. Für einen historischen Roman blieb mir das Setting viel zu blass. Ich konnte leider nicht in das alte Amsterdam eintauchen, ich roch nicht den leicht üblen Geruch des Grachtenwassers oder half den Mägden beim Wäschewaschen. Ich hätte mir mehr Atmosphäre innerhalb der Geschichte gewünscht. So blieb das ganze drumherum wenig greifbar.
Leider erging es mir auch mit den Charakteren so. Sie bestanden hauptsächlich aus Dialogen, ohne dass ich sagen könnte, wie genau sie aussahen oder welche Eigenarten sie besaßen.

Handlungstechnisch hatte ich auch mehr Spannung erwartet. Immerhin passieren hier Mordfälle, doch deren Auflösung war reichlich unspektakulär und ohne große Finten ausgelegt. Der Klappentext umreißt bereits alles, was in diesem Buch passiert und mehr ist es nicht. Auf 470 Seiten redet Pieter immer wiederkehrend mit den selben Leuten. Der Alltag bleibt der gleiche. Es gibt Streit zwischen den Lehrlingen oder wir erfahren fortwährend von Rembrandts Problemen. Es findet keine Entwicklung statt, weder zwischenmenschlich noch spannungstechnisch. Ich hatte von Eva Völler einfach mehr erwartet.

"Tulpengold" ist nett. Die Idee hinter dem Buch war grandios, doch leider konnte Eva Völler deren Potenzial für mich nicht zufriedenstellend ausschöpfen. Ich hatte einfach mehr erwartet!

2,5/5

Vielen Dank an den Bastei Lübbe Verlag für das Rezensionsexemplar! <3

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