Mittwoch, 18. August 2021

Hörbuchrezension | Das Dorf der toten Seelen von Camilla Sten

Traditionellerweise hören wir auf der Fahrt in den Urlaub (und zurück) jedes Jahr ein Hörbuch. Da das Baby noch zu klein ist um mitzuhören, haben wir uns in diesem Jahr einen ziemlich unheimlichen Titel herausgesucht...


Alice hat ihren Abschluss von der Filmhochschule in der Tasche und will endlich ihren großen Durchbruch mit einem vielversprechenden Projekt starten, zu dem sie auch noch einen familiären Bezug hat. Es geht um den Grubenort Silvertjärn. Vor 60 Jahren verschwanden sämtliche Einwohner des Dorfes unter ungeklärten Umständen. Teile von Alice Familie sind unter ihnen. Als Alice mit ihrem Filmteam dort ankommt, beginnt die Technik verrückt zu spielen, sie fühlen sich beobachtet und bald darauf verschwindet der Erste von ihnen...

Mir war der Roman schon bei Vorablesen aufgefallen, ich war mir aber unsicher, ob ich so eine unheimliche Geschichte wirklich lesen wollte. Besonders abends...^^ Als ich bei Netgalley das Hörbuch entdeckte, gab ich mir einen Ruck und freute mich auf die Geschichte.

Die Geschichte wurde in zwei Erzählsträngen geschrieben. Wir erfahren hautnah, was vor 60 Jahren geschah und erleben die letzten Tage der Bewohner von Silvertjärn mit. Dann erkunden wir nach all der Zeit den verlassenen und heruntergekommenen Ort zusammen mit Alice und ihrem Team.

Von beiden Strängen ging ein unheimliches und unheilvolles Setting aus. 
Die Atmosphäre vor 60 Jahren ist spannungsgeladen. Es liegt etwas in der Luft, was sich schließlich zu einer großen Tragödie entladen sollte. Die Bedrohung spürt man förmlich und wird so langsam von der Autorin darauf zugeführt. Man erfährt ohne Umschweife im Laufe der Handlung, wer dahintersteckt und was schließlich passierte. Das war zwar nicht überraschend, weil es kaum andere Möglichkeiten gab, dennoch hat sie es aufgrund der dichten Atmosphäre sehr gut gemacht.

Nach 60 Jahren beginnt schließlich das eigentliche Katz-und-Maus-Spiel. Denn es ist noch jemand in Silvertjärn, der Alice und ihr Filmteam dort nicht haben möchte und Jagd auf sie macht. 
Wir erkunden zusammen mit dem Team das verfallene Örtchen. Die Natur erobert langsam alles zurück. Die Häuser modern vor sich hin und sind einsturzgefährdet. So kommt es auch zu vielen gefährlichen Situationen für die Crew. Die Autorin hat mir hier viele sehr unheimliche Bilder in den Kopf gesetzt. Das Dorf ist ein Ort, an dem man wirklich nicht sein möchte und der eine perfekte Kulisse für einen Horrorfilm abgeben würde. Durch seine Geisterhaftigkeit fragt man sich immer wieder ob etwas Übernatürliches hinter dem Verschwinden der 1000 Bewohner stecken könnte. Atmosphärisch schreiben kann die Autorin also wirklich.

Zu den Dingen, die sie dagegen in den Sand gehauen hat, komme ich jetzt. Was mir nicht so gut gefiel, war, dass mir die Protagonistin Alice wirklich schon früh auf die Nerven ging. Sie stellte sich ihr Team zusammen, aber bei fast jedem von ihnen gab es zwischenmenschliche Probleme und Plänkeleien mit ihr, die viel Fahrt aus der Geschichte nahmen, aufhielten und mich wirklich nicht interessierten. Das waren einfach unnötige Längen, die ich nicht gebraucht hätte.
Außerdem besaß Alice so eine Hilflosigkeit, die sie in den jeweiligen Situationen einfrieren ließ. Sie handelte so selten aus eigener Kraft heraus, was ich einfach nicht verstand.

Achtung, im nächsten Abschnitt erfolgt ein Spoiler zur Auflösung!

Camilla Sten hat eine eigentlich gute Geschichte mit dem Ende komplett gegen den Baum gefahren, weil sie sämtliche Logik einfach über Bord warf. 
Das Filmteam wird nämlich von einem ehemaligen Bewohner (Geschlecht wird nicht verraten) des Ortes gejagt. Diese Person geht steil auf die 80 zu, hatte aber keine Schwierigkeiten damit mehrere junge, vitale und kräftige Menschen zu überwältigen und zu töten. 
Was aber noch viel unlogischer ist, ist der Fakt, dass diese Person überhaupt noch lebt! Seit 60 Jahren hat sie Silvertjärn nicht verlassen. Dort gibt es weder Strom noch fließend Wasser. Und Schweden ist ja auch für seine milden Temperaturen und frühlingshaften Winter bekannt...
Niemand kommt zu diesem abgelegenen Ort. Es gibt also auch keine Nahrung, außer die wenigen Vorräte der Dorfbewohner, die aber niemals 60 Jahre anhalten und konservieren konnten. Der Ort verfällt zusehends, die Crew ist ständig in einstürzenden Häusern unterwegs und es passierte auch oft ein Unfall, aber dieser Person ist nie etwas lebensbedrohliches passiert. Ist klar... Nicht mal Bear Grylls hätte 60 Jahre dort ausgehalten und schon gar nicht ebenjene Person.

Das ungekürzte Hörbuch wurde von Katja Pilasky eingelesen. Ich mochte ihre Stimmfarbe und ein Vorteil des Hörbuchs ist wirklich, dass man sich die fremden, schwedischen Begriffe super vorlesen lassen kann. Allerdings fand ich einige Betonungen recht seltsam und bin immer wieder über die Stimmen gestolpert, die sie den einzelnen Figuren gab.

"Das Dorf der toten Seelen" von Camilla Sten lebt von seiner unheimlichen, erdrückenden und wirklich unangenehmen Atmosphäre. Die Geschichte ist spannend und mir gefiel ihre besondere Idee. Allerdings haute die Autorin ihrem Roman am Ende den Boden raus und ließ ihn in ein riesiges Logikloch fallen. Wirklich schade, aber das war wenig überzeugend!

3/5

2 Kommentare:

  1. Hallo Laura,

    ich bin ganz bei dir. Es hat hier viel nicht zusammen gepasst. Ich habe das Buch sogar noch schlechter bewertet.

    Liebe Grüße,
    Nicole

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Ich habe auch geschwenkt,ob ich nicht doch nur 2 Sterne geben sollte. Dann schaue ich mal bei dir vorbei und gucke,ob ich deine Rezension finde.
      Liebe Grüße
      Laura

      Löschen

Bitte beachte!

Durch das Kommentieren eines Beitrags werden automatisch über Blogger (Google) personenbezogene Daten wie Name, Email und IP-Adresse erhoben. Diese Daten werden ohne Ihre ausdrückliche Zustimmung nicht an Dritte weitergegeben.

Beim Senden eines Kommentars werden diese Daten gespeichert. Mit dem Abschicken des Kommentars erkärst Du Dich damit einverstanden. Weitere Informationen findest Du in der DATENSCHUTZERKLÄRUNG.