Dank Vorablesen ist dieser Jugendthriller bei mir eingezogen. Die Autorin Patricia Schröder begleitete mich literarisch durch meine Kindheit, daher fand ich es großartig, dass ihre aktuellen Bücher mich immer noch ansprechen können.
6 Mädchen, 6 Tage Gefangenschaft und 6 Tage des Schweigens! Nara wird entführt, mit 5 weiteren Mädchen eingesperrt und von religiösen Fanatikern gequält. Als sie plötzlich wieder freigelassen wird, darf sie mit niemandem über die Geschehnisse sprechen, denn das Märtyrium ist noch nicht beendet...
Ich lese so selten (Jugend)Thriller, aber hier war ich wirklich neugierig. Zum einen wegen der Autorin und zum anderen, weil mich die Handlung und die 6 unterschiedlichen weiblichen Charaktere doch ansprachen. Leider konnte mich die Umsetzung am Ende nicht komplett überzeugen. Doch fangen wir erstmal mit den positiven Aspekten an.
Ich liebe die Aufmachung des Buches. Das schimmernde Cover ist ein richtiger Hingucker und auch die Haptik des Hardcovers ist sehr hochwertig. Im Buch findet man dann unterschiedliche Schriftformatierungen und sogar Zeitungsartikel.
Patricia Schröders Schreibstil ist routiniert, sicher und fesselnd. Sie kann wirklich gut schreiben und hat dies immer wieder bewiesen. So hat sie mit Nara auch eine ungewöhnliche Protagonistin erschaffen. Sie ist iranischer Abstammung, allerdings in Deutschland geboren. Sie kommt demnach aus einer muslimischen Familie, wobei die Eltern traditionsbewusst, aber nicht streng sind. Ich fand es interessant mich darin einzulesen, das war einfach mal eine spannende Abwechslung. Nara ist eine clevere 17-Jährige, die tapfer ist und mir wirklich sympathisch war. In der letzten Hälfte des Buches muss man zwar ihre Entscheidungen nicht immer verstehen können, aber die Autorin hat Naras Beweggründe für mich glaubhaft transportieren können.
Das Thema des Jugendthrillers ist brisant. Es geht um Flüchtlinge, das Leben von Menschen mit anderer Herkunft in Deutschland und all den Leuten, denen dies nicht passt. Das war mutig, auch wenn ich glaube, dass christlicher Fanatismus in Deutschland nicht das große Problem ist.
Um mich wirklich gut unterhalten zu können, fehltem dem Buch leider wichtige Dinge. Auf den ersten Seiten des Buches ist ein Zeitungsartikel abgedruckt, der die Handlung der ersten Hälfte der Geschichte wiedergibt. Somit geht (auch dank des Klappentextes) einiges an Spannung verloren. Was Nara dennoch wiederfährt war heftig und nicht unbedingt für jüngere LeserInnen geeignet.
Mich störte die starke Analfixierung des Buches. Ich habe noch nie in einem Jugendbuch so viel zu dieser Stoffwechselproblematik lesen müssen. Das war gewöhnungsbedürftig.
Ich fand es schade, dass die anderen 5 Mädchen so wenig zum Tragen kommen. Ich hätte mir zu ihnen mehr gewünscht, mehr Tiefe, mehr Input, auch einfach mehr Interaktion zwischen ihnen.
Anmerken möchte ich noch, dass die Stadt in der die Handlung spielt nicht bekannt, bzw. fiktiv ist. Allerdings bin ich über etwas gestolpert, das man zuvor besser hätte recherchieren können. Naras Eltern beziehen die Mitteldeutsche Zeitung, deren Einzugsgebiet liegt im südlicheren Sachsen-Anhalt. Ich weiß das, weil ich schon für die Zeitung geschrieben habe und im Einzugsgebiet wohne. Umso kurioser war es, dass Nara in ihrer Stadt mit der U-Bahn fährt. Weit und breit gibt es im Einzugsgebiet der Zeitschrift keine Stadt, die groß genug für ein eigenes U-Bahn-Netz wäre. Ok, die Geschichte ist fiktiv, dennoch hätte man diesen Fakt für mehr Authenzität besser recherchieren können. Ich hätte die Geschichte auch eher im Ruhrgebiet angesiedelt.
Mit der Auflösung des Täters konnte mich Patricia Schröder doch noch überraschen, auch wenn sehr viele Unstimmigkeiten offenblieben, was den Eindruck weiter trübte.
In "Fanatisch" von Patricia Schröder wollte für mich nicht so recht Spannung aufkommen. Das Thema ist brisant, doch dessen Umsetzung hätte weit mehr Potenzial gehabt.
3/5
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