Ein grandioser Film, doch was ist mit Rupert Everett passiert?
Den wenigsten dürfte wohl bekannt sein, wie das beliebteste Sextoy der
Welt Einzug in die Nachtischschubladen von Millionen Menschen erhielt.
Weit entfernt von "Schubladengröße" ist das Gerät, welches der Arzt
Mortimer Granville (Hugh Dancy) zusammen mit seinem Freund dem
schrulligen Erfinder Sir Edmund St. John-Smythe (Rupert Everett)erstmals
konzipieren, um Mortimer von seiner Sehnenscheidentzündung zu befreien,
die er sich bei der Behandlung von Hysteriepatientinnen zugezogen hat.
Worin diese Behandlung besteht, erfährt man bald auf sehr unterhaltsame
Weise.
Eigentlich handelt "in guten Händen" von einem sehr
ernsten und auch vor lauter Naivität sowie Dummheit ziemlich traurigen
Thema, nämlich den Weg der Frau im späten 19. Jahrhunderts zu
Selbstbestimmung und Freiheit. Vor allem reiche, sexuell frustrierte
Frauen plagte eine gewisse naja nennen wir es Hibbeligkeit, weil das
Thema Sexualität einer Tabuisierung unterlag und ihre Männer es im
Schlafzimmer scheinbar zu keinen befriedigenden Leistungen brachten. In
den schlimmsten Fällen wurden die als hysterisch diagnostizierten Frauen
in psychiatrische Anstalten gesteckt oder "Zwangskastriert".
Diese
heute schwer nachvollziehbare Thematik wurde in diesem Jahr in so
liebevoller und komischer Art erzählt, dass das Zusehen einfach nur Spaß
macht und 90 Minuten dahinfliegen. Das liegt an der wunderschönen
Ausstattung des Filmes, der mit tollen Kostümen und ulkigen
Möbelstücken, wie dem roten Vorhangständer des gynäkologischen Stuhls
immer neue Kuriositäten fürs Auge liefert. Ziemlich schräg ist auch der
Humor des Films, wobei ich besonders abstrus fand, wie Queen Victoria
mit ihrem Spielzeug am Ende für einen Stromausfall im Buckingham Palace
sorgte.
Der Film lebt auch von seinen vielfältigen Charakteren, da
ist die gut erzogene Arzttochter Emily, die sich der Schädelkunde
widmete, ihre Schwester Charlotte (Maggie Gyllenhaal), die als
Revolutionärin ihrer Zeit für die Rechte der Frauen und Kinder eintritt
und die Ex-Prostituierte Molly-Lolly, welche als erste den Vibrator
testen darf.
Ich bin kein großer Fan von Maggie Gyllenhaal, doch sie
ist einfach eine großartige Schauspielerin, die ihrer Figur soviel
Esprit verleiht, dass Hugh Dancy fast ein wenig blass neben ihr
erscheint.
Etwas geschockt war ich, als Rupert Everett auf der
Leinwand erschien. Sein Spiel ist gewohnt humoristisch und verschroben,
doch ich habe ihn erst nicht erkannt. Meine erste Vermutung war, dass
liegt am Vollbart. Doch die Interviews im Extrapart der DVD haben meine
Befürchtungen bestätigt, dass der Gute ein wenig zuviel an sich hat
herumdoktern lassen. Schade! Jetzt ist er seine eigen lebende Madame
Tussauds Wachsfigur...
Ich fand den Film großartig und wirklich
unterhaltsam, mit viel Liebe für Detail und Humor wird hier eine
Thematik abgehandelt, die uns heute -zum Glück- nur noch Kopfschütteln
lässt.
Wertung 5/5
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