Erben mit unsittlichen Mitteln.
Martha Russells Ehemann ist gerade einmal eine Woche unter der Erde, da
sucht sie sich bereits einen neuen Mann für ihr Bett. Doch die
21-Jährige hat dafür durchaus triftige Gründe, denn es muss ein Erbe
her. Schließlich soll der Besitz ihres verstorbenen Gatten nicht an
seinen grausamen Bruder fallen. So macht sie kurzerhand dem Londoner
Lebemann Theophilus Mirkwood ein unmoralisches Angebot. Er soll sie
innerhalb eines Monats schwängern und das für 500 Pfund...
Die
Handlung allein hat mich dazu getrieben dieses Buch zu kaufen, denn die
hat es schon mächtig in sich und ist eine verlockende Abwechselung in
diesem Genre.
Wie Cecilia Grant die Geschichte erzählt, ist anders
und wird auch nicht jeder Freundin des Historicals gefallen. Die
Protagonistin ist keine naive und überschwängliche Gutsherrin, sondern
eine sehr ernste, nüchterne und praktisch veranlagte Witwe, die ihren
Körper uneigennützig hergibt um ihre weiblichen Angestellten vor den
Übergriffen des potenziellen Erben zu bewahren. In ihrer 10-monatigen
Ehe litt sie unter dem Alkoholismus ihres Mannes und seinen eher
ernüchternden Darbietungen im Ehebett.
Das Bild, welches die Autorin
hier zeichnet, ist näher an der Realität als bei anderen Autorinnen. Sex
war eben für die meisten Frauen kein Vergnügen, sondern ein nötiges
Übel um die Familie zu erweitern und eben Erben für den Besitz
hervorzubringen. Ein recht amüsantes und verstörendes Beispiel dafür
sind die Synonyme und Beschreibungen, welche Martha für Theos bestes
Stück gebraucht.
So gestalten sich auch die Stelldicheins mit Theo
als schlichtes, schnelles Rein und Raus. Dieser muss sich mit seiner
Rolle als reiner Samenspender erst noch anfreunden und schafft es nur
mit seinem Auftreten außerhalb des Schlafzimmers langsam das Herz der
Witwe zu gewinnen.
Dieser ganze Prozess nimmt viel Zeit und
Buchseiten in Anspruch. Die Nebenhandlung gestaltet sich darin, dass
Mirkwood und Martha gemeinsam das Leben ihrer Pächter reformieren wollen
und eine Molkerei aufbauen, um die Länderein gewinnbringend zu nutzen.
Dies ist jedoch wenig spektakulär und eher seitenfüllend, wobei die dort
erkennbaren Ansichten ein guter Spiegel der Zeit sind.
Leider
fehlte mir das gewisse Quäntchen Emotionalität, welches ich brauche, um
Mitgerissen zu werden. Die Thematik ist wirklich großartig und fernab
vom Kitsch, doch hätte ich mir gewünscht, dass mich Theo und Martha mehr
berühren könnten. Mit den beiden wird wohl nicht jede warm werden, doch
ich finde es toll, dass Martha so fernab von allen Klischees ist.
Was
mir gerade nach beenden der Geschichte fehlte, ist ein Epilog,
eingeleitet mit "9 Monate später". Ich hoffe daher, dass wir im nächsten
Teil, Das Versprechen der Kurtisane, welcher Marthas Bruder dem Soldaten William gewidmet sein wird, noch erfahren werden wie es mit dem Pärchen weiterging.
Was
mich total verwirrt, ist, dass der Protagonist hier in der
Produktbeschreibung, im Klappentext und auf der Buchrückseite als
"Christopher Mirkwood" betitelt wird. Dabei kann man schnell
feststellen, dass dies nicht sein Name ist sondern Theophilus, kurz
Theo. Ich frage mich, wie solche blöden und ärgerlichen Fehler passieren
können.
Cecilia
Grant legte mit "ein unsittliches Angebot" ein spannendes Debüt hin,
welches ein Grenzgänger des Genres ist. Es zeigt realistisch das Leben
der Frauen des frühen 19. Jahrhunderts und das der ärmeren Landarbeiter.
Eine unglaubliche Geschichte, die ihre Schwächen besitzt, aber
hoffentlich der Autorin die Kraft ließ sich mit ihrem nächsten Roman zu
steigern.
Wertung 4/5
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