Sonntag, 9. Juni 2013

"Die Wahrheit deiner Berührung" von Meredith Duran

Mina und Phineas - Verloren im Land der ewigen Ausschweifungen.

 Die Amerikanerin Mina Masters und Phineas Granville, Lord Ashmore, hatten bereits ihren kleinen Auftritt im Vorgängerband "Rühre nicht an mein dunkles Herz". Dementsprechend neugierig war ich auf ihre Geschichte, die nun zeitgleich in "die Wahrheit deiner Berührung" erzählt werden würde.

Mina floh mit ihrer Mutter vor ihrem brutalen Stiefvater, der mit Waffenschmuggel einen zweifelhaften Ruf erlangte. In England entführt er schließlich seine Ehefrau und Mina bleibt nichts anderes übrig als sich an Phineas zu wenden, welchen sie vor vier Jahren, als er ein Spion in Hongkong war, das Leben rettete. Werden sie Minas Mutter aus Collins Klauen befreien können?

Die Grundstory klingt zuerst simpel und leicht überschaubar, doch nach dem Lesen dieses Buches, glaube ich immer noch nicht die ganze Komplexität der Geschichte erfasst zu haben. Meredith Duran schien das scheinbar für ihre Leserschaft auch nicht vorgesehen zu haben.
Es beginnt schon damit, dass wir mit der ersten Seite bereits voll im Geschehen sind. Mina schmeißt sich in Hongkong an Phin heran, welchen sie aus der dortigen Gesellschaft schon kannte. Er wird vergiftet und Mina versucht ihn wieder fluchttauglich zu machen und hilft ihm schließlich, als sie aufdeckt, dass er als Spion hinter die Machenschaften ihres verhassten Stiefvaters kommen will.
Dabei ist die Motivation der beiden nicht klar, da sie sich etwas vorspielen und man nie weiß, worauf das Erzählte eigentlich hinauslaufen soll.
Nebenbei werden dann vielfältig Namen eingestreut, von denen die Charaktere noch nicht mal eingeführt waren, sodass ich mich immer fragen musste, ob ich etwas verpasst hätte.
Mir fiel es allgemein auch ziemlich schwer der Handlung und den Dialogen zu folgen, ohne mit meinen Gedanken abzudriften. Das liegt vor allem daran, dass Meredith Duran sich wehrlos den Gedankengängen ihrer beiden Protagonisten ergibt und für mich stets der rote Faden verloren ging. Dabei wird die Geschichte aus keiner klaren Perspektive herauserzählt und ich musste erst einmal erraten, wessen Gefühle gerade breit erläutert wurden.
Fließende Dialoge sind selten zu finden. So sagte Mina etwas durchaus Poetisches oder Bahnbrechendes, dann werden - nicht selten halbseitig - ihre Gefühle und Gedanken dazu geschildert, bevor Phineas Antwort eingestreut wird, worauf diese sich bezog, ist mir dann meist wieder entfallen. Ein vernünftiger Lesefluss sieht wahrlich anders aus.

Während ich im Vorgängerband nur die Einfachheit und Vorhersehbarkeit der Rahmenhandlung kritisieren musste, scheint diese hier überhaupt nicht ausgereift zu sein. Nach der Episode in Hongkong dachte ich, dass uns mit dem Waffenschmuggel und der Spionage eine ganz andere Geschichte bevorstehen würde, doch als Mina und Phin in London aufeinander treffen ist davon erstmal nichts mehr vorhanden. Die Handlung besteht hauptsächlich darin, dass sich beide misstrauen, sie eingesperrt ist und versucht Phins Leben zu erschweren. Urplötzlich und nach über der Hälfte des Buches macht man sich dann auf die Suche nach der verschollenen Mutter, was auch ohne roten Faden ziemlich langatmig und unspektakulär auskommen muss. In den letzten 30 Seiten erfolgt dann die schnelle Auflösung der Geschichte und die Wende zum Guten. Was sich über 350 Seiten schleppend aufbaute, wird somit plötzlich und übereilt abgearbeitet, anstatt es besser nach und nach im Laufe des Buches aufzulösen.

Das Ganze ist so schade, denn es gibt im Laufe der Geschichte auch wirklich schöne und gut gestaltete Momente. So zum Beispiel, als Mina und Phin auf originelle Weise im Zug ihre Flucht besprechen oder als Mina in das Treffen von Phin und den Sheldrakes in unerhörter Bekleidung platzt.
Meredith Duran weiß erneut tolle sprachliche Bilder zu kreieren, doch verliert sie sich meist in zu ausufernden Beschreibungen.
Mein Lieblingszitat: „Der Globus drehte sich noch immer. Phin streckte die Hand aus und hielt mit dem Zeigefinger die Welt an.“ (S.95)

Mit Phin und Mina sind ihr zwei sehr komplexe Charaktere gelungen bei denen nicht alles perfekt läuft und die mit ihren Problemen umgehen müssen. So ist Mina eine toughe Frau, die ihrer Zeit weit voraus zu sein scheint, doch Probleme hat Phin an sich heran zulassen, da sie durch ihren Stiefvater immer wieder Misshandlungen erfuhr.
Phin ist durch seine Zeit als Spion zutiefst traumatisiert und leidet unter Panikattacken. In Gegenwart von Laura Sheldrake, einer alten Jugendliebe, kann er sich nur darauf konzentrieren, wie schnell er ihr Schmerzen oder gar den Tod bringen könnte.
Was mich dabei nicht überzeugte, war, dass ihn diese Gedanken in Minas Gegenwart gar nicht quälten. Von den Panikattacken war er schnell wieder geheilt und auch von den Drogen hatte er bald wieder abgeschworen. Die beiden Charaktere an sich sind so stark, dass sie nur schwer zusammenkommen und kaum kompatibel sind.
Lydia und Sanburne haben mich im letzten Teil da mehr berühren und mitreißen können.

Ärgerlich waren die vielen Rechtschreibfehler in dieser Ausgabe. Da fehlten Worte oder waren einfach falsch, aber wenn man sogar Fehler beim Namen einer Figur macht, hinterlässt das Lektorat nicht gerade einen guten Eindruck!

Ich hätte mir für „die Wahrheit deiner Berührung“ wirklich gewünscht, dass ich nicht soviel über das Buch zu meckern hätte. Doch Meredith Duran hat es mir dafür einfach viel zu schwer gemacht. Sie ließ keinen Lesefluss zu und erdrückte mit den vielen potenziellen Handlungssträngen, die dann nur im Sand verliefen. Von mir gibt es dafür geradeso noch drei Sterne. Wer den ersten Teil, wie ich, wirklich mochte, sollte sich diesen hier lieber sparen!
Wertung 3/5

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