Mina und Phineas - Verloren im Land der ewigen Ausschweifungen.
Die Amerikanerin Mina Masters und Phineas Granville, Lord Ashmore,
hatten bereits ihren kleinen Auftritt im Vorgängerband "Rühre nicht an
mein dunkles Herz". Dementsprechend neugierig war ich auf ihre
Geschichte, die nun zeitgleich in "die Wahrheit deiner Berührung"
erzählt werden würde.
Mina floh mit ihrer Mutter vor ihrem
brutalen Stiefvater, der mit Waffenschmuggel einen zweifelhaften Ruf
erlangte. In England entführt er schließlich seine Ehefrau und Mina
bleibt nichts anderes übrig als sich an Phineas zu wenden, welchen sie
vor vier Jahren, als er ein Spion in Hongkong war, das Leben rettete.
Werden sie Minas Mutter aus Collins Klauen befreien können?
Die
Grundstory klingt zuerst simpel und leicht überschaubar, doch nach dem
Lesen dieses Buches, glaube ich immer noch nicht die ganze Komplexität
der Geschichte erfasst zu haben. Meredith Duran schien das scheinbar für
ihre Leserschaft auch nicht vorgesehen zu haben.
Es beginnt schon
damit, dass wir mit der ersten Seite bereits voll im Geschehen sind.
Mina schmeißt sich in Hongkong an Phin heran, welchen sie aus der
dortigen Gesellschaft schon kannte. Er wird vergiftet und Mina versucht
ihn wieder fluchttauglich zu machen und hilft ihm schließlich, als sie
aufdeckt, dass er als Spion hinter die Machenschaften ihres verhassten
Stiefvaters kommen will.
Dabei ist die Motivation der beiden nicht
klar, da sie sich etwas vorspielen und man nie weiß, worauf das Erzählte
eigentlich hinauslaufen soll.
Nebenbei werden dann vielfältig Namen
eingestreut, von denen die Charaktere noch nicht mal eingeführt waren,
sodass ich mich immer fragen musste, ob ich etwas verpasst hätte.
Mir
fiel es allgemein auch ziemlich schwer der Handlung und den Dialogen zu
folgen, ohne mit meinen Gedanken abzudriften. Das liegt vor allem
daran, dass Meredith Duran sich wehrlos den Gedankengängen ihrer beiden
Protagonisten ergibt und für mich stets der rote Faden verloren ging.
Dabei wird die Geschichte aus keiner klaren Perspektive herauserzählt
und ich musste erst einmal erraten, wessen Gefühle gerade breit
erläutert wurden.
Fließende Dialoge sind selten zu finden. So sagte
Mina etwas durchaus Poetisches oder Bahnbrechendes, dann werden - nicht
selten halbseitig - ihre Gefühle und Gedanken dazu geschildert, bevor
Phineas Antwort eingestreut wird, worauf diese sich bezog, ist mir dann
meist wieder entfallen. Ein vernünftiger Lesefluss sieht wahrlich anders
aus.
Während ich im Vorgängerband nur die Einfachheit und
Vorhersehbarkeit der Rahmenhandlung kritisieren musste, scheint diese
hier überhaupt nicht ausgereift zu sein. Nach der Episode in Hongkong
dachte ich, dass uns mit dem Waffenschmuggel und der Spionage eine ganz
andere Geschichte bevorstehen würde, doch als Mina und Phin in London
aufeinander treffen ist davon erstmal nichts mehr vorhanden. Die
Handlung besteht hauptsächlich darin, dass sich beide misstrauen, sie
eingesperrt ist und versucht Phins Leben zu erschweren. Urplötzlich und
nach über der Hälfte des Buches macht man sich dann auf die Suche nach
der verschollenen Mutter, was auch ohne roten Faden ziemlich langatmig
und unspektakulär auskommen muss. In den letzten 30 Seiten erfolgt dann
die schnelle Auflösung der Geschichte und die Wende zum Guten. Was sich
über 350 Seiten schleppend aufbaute, wird somit plötzlich und übereilt
abgearbeitet, anstatt es besser nach und nach im Laufe des Buches
aufzulösen.
Das Ganze ist so schade, denn es gibt im Laufe der
Geschichte auch wirklich schöne und gut gestaltete Momente. So zum
Beispiel, als Mina und Phin auf originelle Weise im Zug ihre Flucht
besprechen oder als Mina in das Treffen von Phin und den Sheldrakes in
unerhörter Bekleidung platzt.
Meredith Duran weiß erneut tolle sprachliche Bilder zu kreieren, doch verliert sie sich meist in zu ausufernden Beschreibungen.
Mein
Lieblingszitat: „Der Globus drehte sich noch immer. Phin streckte die
Hand aus und hielt mit dem Zeigefinger die Welt an.“ (S.95)
Mit
Phin und Mina sind ihr zwei sehr komplexe Charaktere gelungen bei denen
nicht alles perfekt läuft und die mit ihren Problemen umgehen müssen. So
ist Mina eine toughe Frau, die ihrer Zeit weit voraus zu sein scheint,
doch Probleme hat Phin an sich heran zulassen, da sie durch ihren
Stiefvater immer wieder Misshandlungen erfuhr.
Phin ist durch seine
Zeit als Spion zutiefst traumatisiert und leidet unter Panikattacken. In
Gegenwart von Laura Sheldrake, einer alten Jugendliebe, kann er sich
nur darauf konzentrieren, wie schnell er ihr Schmerzen oder gar den Tod
bringen könnte.
Was mich dabei nicht überzeugte, war, dass ihn diese
Gedanken in Minas Gegenwart gar nicht quälten. Von den Panikattacken war
er schnell wieder geheilt und auch von den Drogen hatte er bald wieder
abgeschworen. Die beiden Charaktere an sich sind so stark, dass sie nur
schwer zusammenkommen und kaum kompatibel sind.
Lydia und Sanburne haben mich im letzten Teil da mehr berühren und mitreißen können.
Ärgerlich
waren die vielen Rechtschreibfehler in dieser Ausgabe. Da fehlten
Worte oder waren einfach falsch, aber wenn man sogar Fehler beim Namen
einer Figur macht, hinterlässt das Lektorat nicht gerade einen guten
Eindruck!
Ich hätte mir für „die Wahrheit deiner Berührung“
wirklich gewünscht, dass ich nicht soviel über das Buch zu meckern
hätte. Doch Meredith Duran hat es mir dafür einfach viel zu schwer
gemacht. Sie ließ keinen Lesefluss zu und erdrückte mit den vielen
potenziellen Handlungssträngen, die dann nur im Sand verliefen. Von mir
gibt es dafür geradeso noch drei Sterne. Wer den ersten Teil, wie ich,
wirklich mochte, sollte sich diesen hier lieber sparen!
Wertung 3/5
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